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Thomas Mandel
„Wir haben noch lange nicht alle Kombinationen ausgetestet.“ Der Komponist Thomas Mandel spürt dem Unerforschten nach und kombiniert Rhythmus und Harmonie aus unterschiedlichen, teils gegensätzlichen Blickwinkeln. Die Verbindung bisher unbekannter Kompositionsansätze mit traditionellen, der Region verhafteten Klängen bietet dem Hörer ein neues, einzigartiges Klangerlebnis. Und so fügen sich internationale Einflüsse zu einem überzeugenden Ganzen zusammen.
Der im Österreichischen Linz geborene Künstler bezieht klar Stellung in der Landschaft der modernen Komponisten: Für die Hörbarkeit moderner klassischer Musik. „Es herrscht ein paradoxer Zustand, der erstmals in der Musikgeschichte zu finden ist: Komponisten halten ihre eigene Musik nicht für die Spannendste auf der Welt. Es ist mir kein Beispiel bekannt, dass etwa Richard Strauss am liebsten Schubert gehört hätte. Hätte er seine eigenen Kompositionen nicht für die besten gehalten – wofür hätte er sie komponiert? Das ist die Schizophrenie der Moderne.“ Aus dem Antrieb heraus, dass die moderne zeitgenössische Musik die falsche Richtung eingeschlagen hat, setzt der kreative Künstler seit vielen Jahren eigene Akzente.
Schon früh zeichnete sich seine musikalische Begeisterung ab. Als Achtjähriger erhielt er Unterricht bei dem Blockflötisten Johannes Mastnak, um mit dem Eintritt ins Gymnasium am Anton-Bruckner-Konservatorium in Linz Blockflöte und Klavier zu studieren. Es folgte der Wechsel an das Linzer Musikgymnasium, wo der Musiker erfolgreich die Talentschmiede von Balduin Sulzer besuchte, der unter anderem den weltberühmten Dirigenten Franz Welser-Möst unterrichtete. 1984 erhielt er am Musikgymnasium die Matura mit Auszeichnung.
Thomas Mandel pflegte bereits als Jugendlicher kammermusikalische Freundschaften auf dem Gebiet der Alten Musik, die ihn nachhaltig prägten. Als Mitglied in der Anfangsbesetzung Ensembles Ars Antiqua Austria kam er intensiv mit der historischen Aufführungspraxis in Berührung. Neben Gunnar Letzbor, der heute als Barock-Violinist weltweites Ansehen genießt, und Lorenz Duftschmid, Professor für Viola da Gamba an der Musikhochschule Trossingen, spielte er Blockflöten und Krummhorn. Parallel dazu beschäftigte sich Thomas Mandel mit dem Cembalo und der Traversflöte, um das Repertoire barocker Musik grundlegend ergründen zu können.
Die musikalische Vielschichtigkeit verdankt der Komponist jedoch seiner Offenheit gegenüber vielfältigen musikalischen Strömungen. Das prägnante Saxofonsolo zu Beginn des Hits „Bakerstreet“ von Gerry Rafferty verlagerte 1981 Mandels Faszination für Musik in die Moderne. So lernte er mit sechzehn Jahren die Klarinette und begann zwei Jahre später mit dem Saxophonspiel. Das Studium des Saxophons an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien unter dem Ausnahmesaxophonisten Oto Vrhovnik (Klassik) und Wolfgang Puschnig (Jazz) schloss sich an. 1989 erhielt der Musiker als erster österreichischer Saxophonstudent an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst das künstlerische Diplom mit Auszeichnung. Engagements bei den Wiener Symphonikern, dem Radiosymphonieorchester, dem Wiener Saxophonquartett und der Nouvelle Cuisine Electric Bigband folgten.
Thomas Mandel verfasste mit neunzehn Jahren die ersten eigenen Werke. Dabei kristallisierte sich seine musikalische Zielrichtung heraus: „Aus dem Stückeschreiben wurde allmählich eine neue Sehnsucht: das Komponieren.“ Als Jazzsaxophonist veröffentlichte er mit seinem Ensemble Detomaso 1990 die erste Jazzplatte mit eigenen Kompositionen, der – auch mit den Formationen TOMA und MtW – noch vier weitere folgten. Das Studium der Komposition und Klassischen Theorie an der Anton-Bruckner-Universität in Linz bei Gunter Waldeck beendete Thomas Mandel als „Master of Arts“ mit Auszeichnung. Seine eigene kompositorische Handschrift bewegt sich seither im Spannungsfeld von Klassik und Jazz.
Thomas Mandel verfasste Auftragswerke u.a. für das Landestheater Linz, für Linz 2009 -Kulturhauptstadt Europas, das Brucknerfest Linz, die Brucknertage St. Florian und die EnergieAG. Im Jahr 2010 rief er den Konzertzyklus Komponisten machen Szene ins Leben, bei dem sein 1. Streichquartett zur Uraufführung kam. Ebenso hatte seine 2. Symphonie „Die Leondinger“ zum 35jährigen Stadtjubiläum der Stadt Leonding im Herbst 2010 Premiere.
Seine musikalische Vielseitigkeit zeigt der Komponist auch in seinem Bemühen, Werke für Kinder zu verfassen. Was zu Zeiten der Klassik und Romantik noch eine Selbstverständlichkeit war, ist bei den modernen Komponisten der Gegenwart zur Seltenheit geworden: Musikvermittlung und Kompositionen für Kinder. Mit dem Kindermusical Stadt der Stimmen – die swingende Talentshow komponierte Thomas Mandel ein Auftragswerk für die Linzer Kinderklangwolke 2010.
Die nachhaltige Beschäftigung mit Anton Bruckner veranlasste Thomas Mandel, die 5. und die 7. Symphonie des Komponisten ins 21. Jahrhundert zu transformieren, um das zeitgemäße Affektenrepertoire der heutigen Zuhörer zu erreichen. „Die musikalischen Bilder von damals stimmen nicht mehr mit denen überein, die uns heute bewegen. Und wenn sich die Bilder ändern, muss man darüber nachdenken, was sie damals bedeuteten.“ Seine Neuarrangements zielen nicht darauf ab, Bruckner zu „verjazzen“, sondern im Gegenteil darauf, das bestürzend Moderne in Bruckners Musik mit modernen Mitteln überhaupt wieder erfahrbar zu machen. Der Erfolg gibt ihm recht. Für die Bruckner-Tage 2014 ist Thomas Mandel bereits jetzt mit der Transformation von Bruckners 8. Sinfonie beauftragt. [Dr.Burkhard&Sibylle Schäfer]
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